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Marktplatz Entlebuch

2017 bis 2023

Beschaffung:
Studienauftrag
Auszeichnung:
1. Rang
Zusammenarbeit:
Hager Partner, Zürich
Status:
Ausführung
Karte

Ort | Entlebuch ist ein typisch gewachsenes Strassendorf. Noch bis zum 19. Jahrhundert wurden die Häuser vorwiegend entlang der Strasse gebaut. Als im Jahre 1873 die Eisenbahnlinie entstand, kamen vereinzelt Häuser in deren Nähe hinzu. Ausserdem siedelte sich nach und nach Industrie und Gewerbe an. Die Topografie trägt positiv dazu bei, dass die grossmassstäblichen Gebäude in der Nähe des Bahnhofs den Dorfkern nur wenig beeinträchtigen.

Öffentliche Freiräume und Plätze entstanden, wie dies auch in den Nachbarsgemeinden schön zu beobachten ist, durch die Aufweitung der Erschliessungswege. Es bildeten sich «Raumtaschen» die früher dem Umschlag und dem Handel dienten und heute wertvolle Aufenthaltsräume darstellen. Enge und Weite führen zu Torsituationen, die einen spannungsvollen Übergang von der Landschaft zum Dorf bilden.

Absicht | Es wird beabsichtigt das Dorf möglichst selbstverständlich weiterzubauen. Dabei wird viel Wert darauf gelegt, vorhandene Qualitäten aufzunehmen und diese zu stärken. Entlebuch ist reich an unterschiedlichsten Formelementen aus verschiedenen Zeitepochen, denen man sich bedienen kann. Die neuen Häuser sollen nicht kontrastieren, sondern durch ihre sensible Einbindung das noch intakte Dorfbild ergänzen. Damit erhalten die neuen Häuser eine wohltuende Zurückhaltung und behalten mit ihrer zeitlosen Erscheinung auch nach Jahrzehnten eine gewisse Selbstverständlichkeit.

Typologie | Im bestehenden Dorfgefüge lassen sich zwei Typologien herauslesen, die für das neue Zentrum adaptiert werden. Zum einen sind etliche Gebäude zu finden, die erweitert oder zusammengebaut wurden – Gebäudekonglomerate, die in ihrer Gesamtform grosse Volumen bilden, durch deren Einzelteile jedoch in einem für das Dorf angemessenen Massstab erscheinen. Zum anderen sind herrschaftliche Gebäude zu finden, welche durch ihre klare, oftmals symmetrische Grundriss- und Fassadengestaltung einen erhabenen Ausdruck vermitteln.

Setzung | Um den Markplatz herum gruppieren sich drei Herrschaftshäuser, welche diesem eine würdige Kulisse bieten. Die restlichen «Lücken» werden mit Gebäudekonglomeraten ergänzt – ein selbstverständliches «Weiterbauen» des Dorfes. Die relativ hohe Dichte findet am Marktplatz ihren Höhepunkt. Damit wird das Zentrum gefestigt. Wohltuend wirkt der freigespielte sehr grosszügige Freiraum. Um dessen Qualität zu stärken, soll der Marktplatz autofrei bleiben. Damit dies überhaupt ermöglicht werden kann, wird hinter den Markthäusern eine zweite Raumtasche manifestiert, welche die Langzeitparkierung aufnimmt.

Das «Markthaus 1» bildet einen adäquaten Abschluss des historischen Strassendorfes und zusammen mit der Kirche eine Torsituation – das Pendant zur Torsituation beim Pfarrhaus. Die Raumaufweitung dahinter wird mit den anderen beiden Markhäusern gefasst.

Die Konglomerate verweben sich unaufgeregt und zurückhaltend mit den Nachbarn, womit die Markthäuser an Kraft gewinnen. Damit wird deren Bedeutung und Sonderstellung zusätzlich gefestigt.

Material | Das vorgefundene Materialspektrum in Entlebuch scheint vielfältig. Und doch lassen sich die prägenden Materialien wie Putz, Holz und vereinzelt auch Klinker rasch herauskristalisieren. Diese drei Materialien sind es auch, die das neue Zentrum prägen sollen. Der Putz und der Klinker für die Markthäuser und das Holz für die Konglomerate. Die Konglomerate nehmen damit Bezug zum ruralen Kontext – dem Ursprung von Entlebuch auf. Die Markthäuser hingegen erhalten durch die massive Bauweise einen Ausruck von Erhabenheit und Grösse. Gemeinsam sind ihnen Sichtbetonelemente im Sockel bzw. an der Fassade.

Struktur | Alle sechs Häuser erhalten eine innere Struktur aus Beton. Die tragenden Fassaden bei den Markthäusern werden gemauert, die nichttragenden Fassaden der Konglomerate bestehen aus Holzelementen. Allen Häusern sind markante Betonstützen gemein, die wie Skulpturen im Raum stehen. Die vorfabrizierten, achteckigen Elemente prägen und rhythmisieren die Räume. Sowohl bei den Markhäusern, als auch bei den Konglomeraten bestehen die wohnungsinternen Trennwände aus Leichtbaukonstruktionen. Diese ermöglichen eine bestmögliche Flexibilität, sowohl für den Vermieter (um sich den Marktveränderungen anzupassen), als auch dem Eigentümer (um auf die wandelnden Lebensumständen zu reagieren).

Landschaft | In Entlebuch entsteht mitten im Dorfzentrum ein neuer Treffpunkt, ein Markplatz für die Dorfgemeinschaft, der zum Spiegel des öffentlichen Dorflebens avancieren wird. Die zentrale Lage an der Kirche erfordert eine behutsame und ortsspezifische Vorgehensweise. Räumliche Grundlage des zukünftigen Marktplatzes ist ein offener Raum, der zur flexiblen Bespielung und Benutzung einlädt. Die Elemente welche die Erscheinung des Platzes bestimmen, leiten sich aus den bereits im Dorf vorhandenen Materialien ab und haben zum Ziel den Platz auf selbstverständliche Weise ins Dorf zu integrieren und mit den neuen Architekturen zu verweben. Hauptelement ist hierbei ein Belagsteppich aus Asphalt, der alle Teilräume des Bereiches miteinander verbindet. Der Platz selbst wird mit einer Belagsintarsie aus Pflaster (Guber) ausgezeichnet. Eine Natursteinrinne bildet den Übergang zwischen den umgebenden Asphaltflächen und der Intarsie aus und regelt zugleich die Entwässerung des Platzes. Im Zentrum des Platzes steht ein Platzbrunnen aus hellem Muschelkalk, der sich in den Kanon der bereits zahlreich vorhandenen Dorfbrunnen einreiht. Im südlichen Bereich des Markplatzes spendet ein grosszügiger Solitärbaum Schatten (Buche) und eine grosszügige Bank lädt zum Verweilen und Beobachten ein. Zusammen mit der grossen Buchengruppe an der Kirche vis-à-vis verankert der Platzbaum den Ort im Zentrum mitten im Dorf. Die neue Bushaltestelle und eine Infotafel finden ebenfalls in diesem Bereich ihren Platz. Zur Strasse hin vermittelt eine einladende Freitreppe zu den angrenzenden Räumen im Dorf. Im nordöstlichen Platzbereich erhebt sich eine mit verstellbaren Spots bestückter Beleuchtungsmast, der den Platz in der Nacht gut ausleuchtet und für die zahlreichen Dorfveranstaltungen eingesetzt werden kann. Während den Feiertagen werden die im südwestlichen Platzbereich vorgesehenen Masten mit Fahnen bestückt. Mit einer Platzgrösse von ca. 450 m2 und den angrenzenden Aussenverkaufsflächen lässt der neue Marktplatz zahlreiche Veranstaltungen zu, vom jährlichen Weihnachtsmarkt mit seinen bis zu 80 Ausstellern, über den neuen Biosphärenmarkt bis hin zu regelmässigen Dorffesten ist mitten im Dorf nun vieles möglich, was zur Bereicherung des Dorflebens und zur Festigung der Dorfgemeinschaft beiträgt.

Der neue Parkplatz zwischen den neuen Gebäuden an der Glaubenbergstrasse nimmt die erforderlichen Stellplätze an zentraler Lage auf. Er ist im Sinne des vorliegenden Gestaltkonzeptes mit einem Baumhain aus Hainbuchen bepflanzt. Mit diesem neuen Freiraum kann die Schulanlage aus ihrer «Hinterhof-Situation» entrücken und erhält an der Strasse eine adäquate Adresse. Die Schule grenzt neu an den öffentlichen Raum.

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