Kochakademie Heiligkreuz
2016 bis 2017
- Beschaffung:
- Studienauftrag
- Auszeichnung:
- 4. Rang
- Zusammenarbeit:
- Vogt Landschaftsarchitekten, Zürich; Bless Hess, Luzern & Creative Gastro Concept, Hergiswil
Ort | Der Wallfahrtsort Heiligkreuz besticht durch seine einmalige Lage in der Unesco Biosphäre Entlebuch, dem gepflegten Gebäudebestand im Weiler und seiner Ausstrahlung als Ort der Spiritualität und Ruhe.
Der Bau des Ferienheimes der Ingenbohler Schwestern unterstreicht und überhöht diese Bedeutung – insbesondere durch das für diesen Kontext mutige und prägende Bauwerk.
Zusammen mit der benachbarten Feriensiedlung entsteht eine Art Dreiteilung, welche durch den Wald zusätzlich verstärkt wird und zwingend erhalten bleiben sollte. Der Weiler muss auch fortan für sich stehen und seine volle Kraft entfalten dürften. Das Ferienheim bzw. die künftige Kochakademie soll zwar mit dem Ort und der umliegenden Region Synergien nutzen – baulich lassen sich die beiden Teile jedoch nicht verknüpfen – und dies ist auch gut so. Die Qualitäten des ehemaligen Ferienheimes sind zu erkennen und zu schärfen.
Weiterbauen | Die bestehende Anlage besticht durch ihre volumetrische Vielfalt und ihre Verschränkung mit der umliegenden Landschaft. So liegt es nahe, das Vorgefundene im Sinne des «Weiterbauens» behutsam und mit der notwendigen Sensibilität zu ergänzen. Mit wenigen Eingriffen soll ein neues Ganzes entstehen, welches in der erhabenen Landschaft eine ruhige aber kraftvolle Ausstrahlung entwickelt. Nicht die Sensation soll zum gewünschten «Leuchtturm-Effekt» führen – sondern ein zeitloser, vielschichtiger und sinnlicher Ausdruck der Gesamtanlage – ein Haus mit Potential für zukünftige Veränderungen, welches der Kochakademie Raum für weitere Entwicklungen ermöglicht.
Das Thema des Weiterbauens findet sich überall im Ort – nicht zuletzt wurde auch die Wallfahrtskriche den verändernden Bedürfnissen angepasst und seit dem Mittelalter mehrfach vergrössert.
Symbolik | An einem Ort wie Heiligkreuz braucht es nicht die Sensation. Gleichwohl aber eine identitätsstiftende Symbolik – ein Wiedererkennungswert, der auch nach Aussen getragen werden kann.
Wenn man sich zu den Ursprüngen des Kochens zurückbesinnt – dann ist die Feuerstelle eine wesentliche Errungenschaft, die es erlaubt hat, vielerlei Speisen zu erwärmen und damit genüsslich zu machen. In baulicher Hinsicht hat die Feuerstelle ein Bauelement hervorgebracht, welches die Häuser seither massgeblich prägt. Der Kamin – dieses Ursymbol des Kochens soll auch die Kochakademie prägen und Besucher und Studierende trotz neuster und modernster Errungenschaften an das Ursprüngliche des Kochens erinnern.
Genusshaus | Über eine «Landschaftspforte» und die an Hotelbauten erinnernde Vorfahrt betritt man die Kochakademie und findet sich in der ehemaligen Kapelle wieder. Überwältigt von der Landschaft wird dem Besucher ermöglicht anzukommen und seine Sinne im Sensorium zu erwecken und zu schärfen. Bereits beim Eintreten in die Kochakademie besteht ein direkter Sichtbezug zu den Schulungsküchen. An diesem öffentlichsten Ort der Schule ist auch das Mysterium angegliedert. Im Kontrast zum eher zurückhaltend ausgeleuchteten Raum des Sensoriums, ist das Mysterium mit seiner Rundumsicht lichtdurchflutet. Der Sichtbezug zum Weiler schafft einen eindrücklichen Bezug zum Ursprung der Siedlung.
Kocharena | Für die Ingenbohler Schwestern war vermutlich die Kapelle das Herzstück ihres Ferienheimes. Aus der architektonischen Betrachtung heraus würden die Verfasser jedoch vielmehr den Innenhof als Herzstück der Anlage beschreiben. Genau an diesem Ort ist das Herzstück der Kochakademie vorgesehen – die vier Schulungsküchen. Hier entsteht eine Art Kocharena, ein Werkraum für die Kochkunst. Alle weiteren Nutzungen gliedern sich um dieses Zentrum herum, was spannende Sichtbezüge verspricht. Neu wird damit zum einen der Innenhof adäquat genutzt und es bietet sich die einmalige Chance, die Schulungsküchen miteinander zu verbinden – zu einer grossen Kochlandschaft, als zusätzliche Form des Unterrichts – aber auch als Möglichkeit die Kochakademie dem interssierten Publikum zu öffnen. So können an den Wochenenden Veranstaltungen stattfinden, dank der flexiblen Bespielbarkeit der neuen Räumlichkeiten.
Einem Kreuzgang ähnlich lässt sich die Kocharene auf drei Seiten umschreiten. Vier gleich grosse und flexibel nutzbare Räume ermöglichen die gesamte Bandbreite des Kochens. Die Räume sind einzeln nutzbar, zu Gruppen zusammenschaltbar oder als Kochlandschaft erweiterbar. Die archaische Küche hat einen direkten und ebenerdigen Zugang zur Landschaft und kann sich beliebig in die Natur ausweiten.
Jede der vier Schulungsküchen wird durch einen Kamin verortet. Der Kamin beherbergt zum einen die notwendige Technik für die Küchen, lässt aber auch zenitales Licht auf die Kochstellen rieseln. Die Kamine reichen weit über das filigrane Holztragwerk hinaus und zonieren den über den Küchen liegenden Kräutergarten.
Werkhaus | Über drei Geschosse und jeweils um einen zentralen Erschliessungsraum gegliedert finden sich die Arbeits- und Werkräume. Ebenfalls im Werkhaus integriert ist eine zweigeschossige Orangerie, die als Gewächshaus dient. Ein Ort in dem Pflanzen kultiviert werden können, aber auch ein Ort des Verweilens. Gerade im Winter hat das feuchtwarme Klima einen besonderen Reiz.
Wohnhaus | Der Hauptbau der Anlage eignet sich vorzüglich für das Wohnangebot der Studierenden und Dozenten. Mit sorgfältigen und verhältnismässigen Eingriffen werden die Zimmer saniert und ergänzt.
Gästehaus | Ein Ergänzungsbau rundet das Wohnangebot ab, gliedert sich an das bestehende zentrale Treppenhaus und nimmt sich volumetrisch im Schosse des Hauptbaus zurück. Im Gästehaus sind Kleinwohnungen für Gäste und Dozenten untergebraucht. Die Hauswartwohnung befindet sich im Dachgeschoss. Alle Wohnungen profitieren von der Nähe des Waldes und der Weiter der Talschaft.
Vernetzung | Obschon eine architektonische Verbindung zwichen Weiler und ehemaligem Ferienhaus fehl am Platz wäre, bietet es sich an, die Nutzung der Kochakademie in den Weiler auszudehnen. Dies ermöglicht der Kochakademie längerfristig ein Ausbaupotential – sowohl in bestehenden Gebäuden, aber auch in entsprechenden Neubauten. Dies unterstreicht den Gedanken, dass sich die Kochakademie nicht gegen aussen verschliesst, sondern sich regional und überregional vernetzt. Damit bleibt das Gebäude der Kochakademie kompakt und die wichtige Freifläche im oberen Hangbereich erhalten.
Weiler | Deshalb schlagen die Verfasser vor die «Campus Phase II» im Weiler anzuordnen. Dies bietet wiederum die Chance, den Weiler sorgfältig und nachhaltig zu ergänzen. So bleibt längerfristig auch die Nutzung und damit der Unterhalt der bestehenden Gebäude gewahrt. Freiwerdende Gebäude können sanft saniert und nach Bedarf in die Nutzung der Kochakademie überführt werden.
Aussichtsturm | Der ehemalige Glockenturm der Kapelle wird zu einem Aussichtsturm weitergebaut. Ein dezenter, aber kraftvoller «Landmark» für die Besucher der Akademie.