Gesundheitszentrum Goms
2019
- Auftraggeber:
- Gemeinde Goms
- Beschaffung:
- Wettbewerb offen
- Auszeichnung:
- 2. Rang (30)
- Konstruktion:
- Blockbauweise
- Material:
- Lärchenholz
Ort | Schwarz gebrannte Holzhäuser und eine stattliche, hell leuchtende Kirche prägen seit jeher das Dorfbild von Münster. Auch wenn das durch den sanften Tourismus geprägte Haufendorf in den letzten Jahrzehnten eine rege Bautätigkeit zu verzeichnen hatte, konnte das intakte Dorfbild dank vorausschauender Regulierungen weitestgehend erhalten bleiben.
Die immer noch erkennbare feinkörnige Siedlungsstruktur, wurde schon früh von grösseren Bauten unterschiedlicher Nutzung geprägt. Diese formieren sich insbesondere entlang der Furkastrasse – Bauten die von der Blütezeit des Dorfes im 16. und 17. Jahrhundert zeugen, aber auch Bauten neueren Datums, wie das Schulhaus von Münster.
Absicht | Nicht nur die Touristen schätzen das charaktervolle Dorf, auch die Bewohnerinnen und Bewohner fühlen sich wohl in ihrer Heimat. Deshalb ist es ein zentrales Anliegen, die besondere Identität des Ortes zu bewahren. Das geplante Gesundheitszentrum muss sich zwingend an der Geschichte der Region orientieren. Münster besticht nicht durch seine Einzelbauten, sondern durch die immer noch beachtliche Gesamtwirkung, der über mehrere Jahrhunderte gewachsenen Siedlung.
Die Integration des Gesundheitszentrums im Dorf ist ein zentraler Aspekt, gleichwohl soll sich das bedeutende Haus zeigen, da es neben der Kirche (Glaube) und der Schule (Wissen) eines der wichtigsten sein wird.
Setzung | Da es sich beim Gesundheitszentrum um ein öffentliches Gebäude handelt, ist der Bezug zur Strasse und damit zum öffentlichen Raum wichtig. Dies ermöglicht zum einen eine optimale Erschliessung, entspricht jedoch auch der Prägung des Ortes, mit den im Inventar der schützenswerten Ortsbilder (ISOS) beschriebenen «dominanten Bauten» mit zentraler Funktion entlang der Hauptstrasse. Zudem macht sich das Gebäude die bestehende Geländekante zu Nutze, wie es früher selbstverständlich war – man baute mit und nicht gegen die Topografie.
Mit der vorgeschlagenen kompakten Setzung wird im Süden ein grosszügiger Gemeinschaftsgarten freigespielt, im Anschluss zum «Unnerfäld» bleibt Potential für eine spätere Erweiterung und gegenüber dem alten Dorfkern bleibt ein respektvoller Abstand erhalten.
ISOS | Um den Vorgaben des Inventares der schützenswerten Ortsbildern der Schweiz – aber auch um der aktuellen Raumplanung gerecht zu werden, bedienen sich die Verfasser dem Vokabular des Ortes. Das Raumprogramm, aber auch die Bedeutung des Gesundheitszentrums für die Region verlangt nach einem selbstbewussten und durchaus etwas grösserem Gebäudevolumen. Dieses wird jedoch dem Kontext entsprechend gegliedert, damit eine angemessene Massstäblichkeit entsteht. Zudem wird das Gebäude so gesetzt, dass die im ISOS beschriebene Pufferzone (VII) entlang des alten Dorfkerns erhalten bleiben kann.
Material | Jüngste dendrochronologische Untersuchungen haben überraschendes hervorgebracht – so stammen die ältesten Wohnhäuser im Dorfe aus dem 14. Jahrhundert. Es handelt sich dabei um Blockbauten aus Holz – eine über Jahrhunderte perfektionierte Bauweise, welche sich immer noch gegen jedes andere Bausystem behaupten kann.
Neben der Landwirtschaft und dem Tourismus bildet das Handwerk nicht nur eine wichtige Einnahmequelle, sondern brachte auch eine beachtliche Baukultur hervor. Deshalb ist es wichtig, dass die Gemeinde auf dieser Tradition aufbaut und ein Stück zum Erhalt dieses Handwerks beiträgt. Holz soll auch beim Gesundheitszentrum eine zentrale Rolle spielen. Damit werden nicht nur örtliche Ressourcen genutzt – Holz überzeugt zudem in Bezug auf eine ökologische, nachhaltige und gesunde Bauweise.
Struktur | Das Gebäude ruht auf einem massiven Sockel aus gestocktem Sichtbeton. Der Holzbau reicht im Bereich der Gartenwohnungen bis in den Sockel, um auch hier eine wohlige Atmosphäre zu garantieren und den Anteil der grauen Energie des Betons zu reduzieren. Darüber formiert sich ein freier Grundriss – eine Art Markthalle, welche ein hohes Mass an Flexibilität ermöglicht. Auf dieser Stützenstruktur wiederum liegt ein zweistöckiger Holzblockbau, dessen kammerartige Struktur die Wohnungen in den Obergeschossen aufnimmt.
Wohnen im Alter | Auf Ebene 2 und 3 befinden sich 2.5 und 3.5 Zimmer Wohnungen, welche über eine Laube erschlossen sind. Die Laube, als vertrautes ortstypisches Element, soll die Gemeinschaft und den Austausch der BewohnerInnen fördern. Neben diesem gemeinschaftlichen Aussenraum erhält jede Wohneinheit eine dem Lärm abgewandte Loggia, welche als Wintergarten für die kühleren Tage umfunktioniert werden kann.
Auf der Ebene 0 befinden sich weitere 2.5 Zimmer Wohnungen und die Pikett Wohnung. Es handelt sich dabei um Gartenwohnungen, welche von der Nähe zum gemeinschaftlichen Garten profitieren.
Jede Wohneinheit erfüllt die Lärmanforderungen, da die sensiblen Räume lärmabgewandt gelüftet werden können. Zudem verfügt jede Einheit über einen wunderbaren Ausblick ins Tal bis zum Weisshorn.
Markthalle für die Gesundheit | Auf der Strassenebene (Ebene 1) befindet sich das eigentliche Gesundheitszentrum, welches dank dem freien Grundriss auch künftigen Veränderungen angepasst werden kann. In der Markthalle sind alle Nutzungen über einen zentralen Korridor miteinander verbunden. Dies garantiert kurze und witterungsgeschützte Wege, fördert den Austausch und garantiert nicht zuletzt einen effizienten Betrieb des Gesundheitszentrums.
Unter einem Dach | Jegliche Nutzungen befinden sich unter einem Dach. Dies erzeugt ein Gefühl der Gemeinschaft und verleiht dem Gesundheitszentrum seine verdiente Strahlkraft für die Region. Ein Haus für die Gesundheit und dem damit verbundenen Mut für eine Zukunft in einer Randregion mit grossem Potential.
Erschliessung | Die derzeit etwas unbefriedigende Parkplatzsituation auf der gesamten nördlichen Grundstücksgrenze entlang der Furkastrasse wird neu vor dem Gesundheitszentrum zu einer kompakten Parkierung konzentriert. Rückwärts in eine Kantonsstrasse zu fahren ist nach heutigen Normen nicht mehr praktikabel. Die neue Situation ist übersichtlicher und bringt mehr Sicherheit. Die unterirdische Parkierung wird über ein hölzernes Nebengebäude erschlossen. Dies erleichtert die Räumung im Winter und verhindert eine unschöne Rampensituation.
Gemeinschaftlicher Garten | Anknüpfend an die enge Beziehung zur Natur, soll ein gemeinschaftlicher Permakultur-Garten entstehen, der den BewohnerInnen, aber auch dem Personal und den BesucherInnen eine Oase der Begegnung und des Austausches bietet – ideal besonnt und geschützt vom Lärm des Durchgangsverkehrs, kann jeder im Garten mithelfen wer möchte. Auch wenn im Tal die Selbstversorgung keine Realität mehr darstellt, trägt der eigene Garten zu einer hohen Lebensqualität bei, durch das Pflanzen, Pflegen und Ernten von eigenen Kräutern und Gemüse.