Dreifachsporthalle Stans
2023 bis 2028
- Auftraggeber:
- Kanton Nidwalden
- Beschaffung:
- Wettbewerb offen
- Auszeichnung:
- 1. Rang (49)
- Zusammenarbeit:
- Jung Meyerhans, Luzern; Fahrni Landschaftsarchitekten, Luzern; Lauber Ingenieure, Luzern
- Konstruktion:
- Holzbauweise
- Status:
- Vorprojekt
Ort | Topographisch bedingt ist Stans in zwei Bereiche zu gliedern. Einerseits den Stanserboden, welcher aus einer Vielzahl kleinmassstäblicher Bauten besteht. Andererseits die etwa um 30 Meter höher gelegene Geländeterrasse, welche durch sehr markante, historische Gebäudekomplexe (Klosterbezirke, Friedhof, Zeughaus) die Gemeinde Stans ortsbaulich entscheidend prägt.
Der Ersatzneubau der Dreifachsporthalle erfolgt auf eben dieser Geländeterrasse und nimmt am Kopf dieser Situation zusätzlich eine sehr bedeutende Rolle ein.
Um die Leitgedanken für die baulichen Eingriffe zu definieren mussten die Geschichte und die Charakteristiken des Ortes analysiert werden. Dies in Bezug auf den reichhaltigen Gebäudebestand aber auch in Bezug auf den Freiraum. Dazu diente u.a. die Lektüre zur städtebaulichen Entwicklung.
Setzung | Ausgehend vom ehemaligen Kapuzinerkloster hat sich erst die Knabenausbildungsstätte und später das Kollegium St. Fidelis über die Jahre in vielen Etappierungsschritten stetig vergrössert.
Obschon die Anlage zu einem grossen Gebäudekomplex verwachsen ist, lässt sich das Volumen in viele kleinere Gebäudeteile gliedern.
Auffallend dabei ist, dass die jeweiligen Erweiterungen stets durch schlanke, zeilenbauartige Baukörper ausgeführt wurden. Dies in einer Art linearer Abwicklung entlang der Hangkante. Diesem Prinzip soll folge geleistet werden, was jedoch mit dem geplanten Bauvorhaben einer Dreifachsporthalle – welche ihrerseits ein massiges, eher punktartiges Volumen fordert – nicht einfach umzusetzen ist. Den Entscheid, das Hellenniveau im Untergeschoss (Ebene 0) anzuordnen und somit einen Teil des Volumens im Erdreich verschwinden zu lassen, ist neben betrieblichen Vorteilen auf die ortsbaulichen Erkenntnisse zurückzuführen. So kann das oberirdische Volumen entsprechend gestaltet und massstäblich in den bestehenden historischen Kontext eingegliedert werden.
Aufgrund der über die Zeit linearen Entwicklung der Anlage entlang der Hangkante wird bewusst die Nähe zum bestehenden Kopfbau gesucht. Dadurch wird auch eine schöne Fassung/Definition eines Vorplatzes zwischen Neubau, Bestandesbau und Allee ermöglicht.
Der Neubau respektiert die Flucht des risalitartigen Aufbaus der Bestandesfassade und lässt diese am Platz entfalten.
Die Nähe zum Kopfbau des Bestandes erlaubt zudem die Freispielung der ortsbaulich sehr wichtigen Kanzelsituation mit den Lindenbäumen. Die Kanzel bildet den Abschluss der Anlage und wird als wichitges Freiraumelement verstanden, welches durch keine baulichen Eingriffe bedrängt werden soll. Durch den Rückbau des Aussensportplatzes kann die Böschung gegen die Kanzel hin etwas abgetragen werden (Wiederherstellung des natürlichen Terrainverlaufs), was die Kanzelsituation und somit den Abschluss der Anlage zusätzlich aufwertet.
Freiraum | Beobachtet man die Entwicklung des Freiraumes, so stellt man fest, dass die ursprüngliche klare Definition durch die Begrenzung der Klostermauern, der Gärten und des Baumbestandes zunehmend verunklärt wurde. Zugunsten der Parkierung wurden auch die ehemals als Pausenplatz genutzten Freiflächen versiegelt und als Autoabstellflächen besetzt. Hier soll wieder mehr Klarheit geschaffen werden.
Durch die konsequente Anordnung der Parkierung entlang der Mauer werden grosse flexibel nutzbare Freiflächen geschaffen.
Baumallee, Baumhain, Retensionsgarten, Kiesplatz und Kanzel definieren klare Aussenräume. Diese Freiflächen im Parterresockel werden als bearbeitete Kulturen verstanden, die hangseitigen Freiräume – mit der Offenlegung des Stämpbaches – sollen als Wiesland der Natur zugeschrieben werden.
Material | Der Ort bietet bezüglich Materialität und Ausdruck viele Anknüpfungspunkte. Der Neubau soll in einer zeitgemässen Bauweise mit einem zeitgemässen Ausdruck realisert werden, jedoch soll gleichzeitig auch eine sorgfältige Einordnung in das historische Gebäudeensemble geschehen.
Die erdberührten Aussenwände sind in Beton ausgeführt, sodass der Wasser- und Hangdruck aufgenommen werden kann.
Abgesehen von den grossen Hallenträgern werden sämtliche Bauteile in Holz gefertigt.
Die Holzfenster, die kalkfarben gestrichene Holzfassade, der steinerne Sockel, die Kupferrohre oder die Pflästerung sind aus dem Materialfundus der umliegenden Bestandesbauten entlehnt.
Tektonik | Ausgehend von den Turnhallen als Grundmasse ist das Gebäude klar und einfach strukturiert was u.a. auch in der Holzbauweise gründet. Der repetitive, strukturelle Ausdruck ist ebenso den Bestandesbauten eigen. Der Aufbau folgt den Proportionsregeln des Goldenen Schnittes. Dies verleiht dem Neubau eine zurückhaltende und angemessene Anmutung, die dem sensiblen Kontext gerecht wird.
Tragwerk | Das Primärtragwerk der Hallendecke besteht aus vorgespannten Zwillings-Betonträgern. Diese sind in den Achsen der Drittelspunkte zwischen den Hallen angeordnet und haben eine Spannweite von 28 Metern. Der Hohlraum zwischen den Zwillings-Betonträgern wird für den Einbau der Hallentrennwände genutzt. Als Sekundärtragwerk ist eine Holzbetonverbunddecke gewählt worden. Der Vorteil liegt darin, dass mit der HBV-Decke die CO2-Bilanz verbessert wird und eine ansprechende Untersicht entsteht. Zudem übernimmt sie als steife Scheibe die horizontalen Einwirkungen vom Hangdruck und leitet diese über die Giebelwände sicher in die Fundamente weiter. Auf der erdberührten Oberseite der Hallendecke wird das Tragwerk durch den Beton geschützt. Die vertikale Lastabtragung des Primärtragwerks erfolgt hangseitig durch eine erdberührte Betonwand und auf der freistehenden Seite mit Betonstützen. Für die Aufstockung der weiteren Räumlichkeiten wird ein Leichtbau in Holz vorgeschlagen, um die Lasten auf die Hallendecke zu minimieren.
Landschaft | Das ganze Areal des Kollegiums ist durch ein einheitliches Gestaltungskonzept verbunden. Die Figur des Kollegiums wird mit der Turnhalle Richtung Osten ergänzt. Talseits entwickelt sich die Umfassungsmauer zu einer mächtigen Stützmauer, die als eindrücklicher Sockel die hohe ortsbauliche Bedeutung des Kollegiums unterstreicht. Die historische Wegführung Richtung Engelberg verläuft unterhalb der Mauern.
Die ergänzte Baumreihe aus Rosskastanien schliesst das chaussierte Parterre talseits ab, und führt bis zum Abschluss der Anlage auf die Kanzel mit den drei grossen Linden. Als Fallschutz wird die Hecke auf der Mauer beibehalten und auf 1 Meter Höhe zurückgeschnitten. Zwei Gartenanlagen mit Bäumen verdichten und akzentuieren das Haupttor und den Haupteingang. Die Aufenthaltsbereiche erhalten damit eine grosszügige Beschattung.
Entlang der Gebäude verläuft ein hindernisfreier Fussweg aus Naturstein und verbindet die Eingänge miteinander. Vor der Turnhalle spannt sich ein grosszügiger freier Raum auf, welcher als zusätzlicher Aufenthaltsraum oder für den Aussensport genutzt werden kann. Der Pausenplatz erhält eine zeitgenössische landschaftsarchitektonische Platzgestaltung mit repräsentativem Charakter. Die verschiedenen Aktivitäten sind hier auf soziale, ökonomische und gestalterische Aspekte ausgelegt. Die Nutzungsvielfalt zeigt sich in einem hohen Aneignungsgrad.
Gegen Osten schliesst der locker bepflanzte Stämpbach mit dem dahinterliegenden Wald das Kollegium ab. Die Gestaltung legt den Schwerpunkt auf ökologische und biodiverse Aspekte. Hier bieten sich vielfältige und hochwertige Lern-, Bewegungs- und Aufenthaltsmöglichkeiten an. Der Aussenraum hinter der Schulanlage dient verschiedenen Freizeit- und schulspezifischen Nutzungen, wie zum Beispiel für den Biologieunterricht. Die Feuerwehrzufahrt aus Schotterrasen ist in die Landschaft eingebunden.
Im Bereich des Hauptgebäudes des Kollegiums befindet sich eine grosse Versickerungsanlage. Die Versickerungsanlage entwässert eine Einzugsfläche von 13’000 m2. Bei grossen Regenereignissen wird somit zusätzlich und konzentriert Wasser in der Nähe des Böschungskopfes versickern. Bisher wurden deswegen keine negativen Auswirkungen festgestellt.
Ein nachhaltiger Umgang mit dem Regenwasser wird durch die vielen versickerungsfähigen Beläge erreicht. Das Pflanzbecken als Versickerungsanlage wird vergrössert und von einer Seite her abgeflacht und somit für Menschen und Tiere zugänglich.
Die heutige Erschliessung und Anlieferung wird im Sinne einer Begegnungszone beibehalten. Die Sicherheit beruht auf gegenseitiger Rücksichtnahme.
Die auf ein Minimum reduzierten 41 Dauerparkplätze entlang der Mauer können bei Bedarf und Anlässen jederzeit auf dem Platz vor der Turnhalle auf 60 Plätze erhöht werden. Die heute 122 gedeckten Veloabstellplätze werden vor den Eingängen mit 123 zusätzlichen offenen Veloabstellplätzen ergänzt.
Der Stämpbach wird über eine möglichst grosse Länge offengelegt und ökologisch aufgewertet. Der Gewässerraum von 11 Metern ist in die angrenzende Aussenraumgestaltung integriert. Die Gerinnegestaltung erfolgt gemäss Vorgaben des naturnahen Wasserbaus. Der beanspruchte Gewässerraum weist eine extensive vielfältig strukturierte Gestaltung auf und dient in erster Linie dem Hochwasserschutz und der Ökologie.
Der Untergrund besteht aus Stauschotter, kiesiger Moräne, mehr oder weniger monotone Abfolge von sauberen und schwach siltigen Kiesen, variierender Sandgehalt, mit vielen Steinen und Blöcken – diese werden für die Bachgestaltung und als Sitzelemente verwendet.
Nachhaltigkeit | Das Thema der Nachhaltigkeit und des Re-Use Gedanken findet in verschiedenen Situationen und Massstäben Niederschlag.
So soll der anfallende Aushub für die Terraingestaltung – vor allem im östlichen Bereich der Anlage – wiederverwendet werden. Die Umgebungsgestaltung allgemein wird stark entsiegelt und mit Bäumen ergänzt sodass ein angenehmes Mikroklima entstehen kann. Viel Regenwasser wird so direkt der Natur zurückgeführt.
Beim Neubau wurde eine kompakte, strukturell einfache Konstruktion gewählt. Wo immer möglich soll leimfreies und naturbelassenes Holz zum Einsatz kommen. Natürlich ist der benötigte Beton als Recyclingbeton gedacht. Das Abbruchmaterial Backstein und Beton findet so Verwendung. Auch als Granulatschüttung können diese Rohstoffe u.a. herkömmliche Unterlagsböden ersetzen, welche ansonsten einen grossen CO2 Treiber darstellen.
Das Satteldach kann südseitig mit einer PV Anlage bestückt werden. Diese Dachform ermöglicht eine ideal ausgerichtete Fläche, ohne dass dazu eine aufwändige Unterkonstruktion erstellt werden muss (Resourcenschonend). Ein weiterer Punkt der Nachhaltigkeit stellt das Erweiterungspotential dar.
Erweiterungspotential | Eine Erweiterung der Anlage soll mittels Aufstockung ermöglicht werden. Eine erneute Vergrösserung der Anlage im Fussabdruck in Richtung Osten sind durch die ortsbaulichen Erkenntnisse (Wahrung der Kanzel) Grenzen gesetzt. Die Tragstruktur ist so dimensioniert, dass ein Geschoss in Holz aufgestockt werden kann. Die Trauflinie entspräche dann der Trauflinie des bestehenden Kopfbaus. Durch den hohen, präsenten Dachaufbau des Kopfbaus wäre dieser jedoch nach wie vor der Hauptdarsteller.
Diese Form der Erweiterung kann ohne erneuten Landverbrauch ertellt werden und stellt damit eine nachhaltige Lösung dar. Ein weiteres Nachverdichtungspotential besteht auf den Dächern der hangseitigen Baukörper des Kollegiums (Aufstockung in Holz).