116

Cavardirashütte Disentis

2024 bis 2027

Auftraggeber:
SAC Sektion Winterthur
Zusammenarbeit:
Lauber Ingenieure, Luzern
Konstruktion:
Holzbauweise
Status:
Bauprojekt
Karte

Projektidee | Bescheiden und selbstverständlich steht die Cavardirashütte in der schroffen
Alpinlandschaft. Die erste Hütte wurde 1928 auf einen steinernen Sockel gestellt. Sämtliche Erweiterungen folgten dieser Idee. Auch der letzte Anbau 1985 steht auf einem massiven Sockel, wenn auch dieses Mal aus Beton.

Die neue Hütte nutzt den bestehenden Natursteinsockel. Da sie schmaler ist als die bestehende Hütte, wird der heutige Sockel zur Eingangszone im Aussenraum und bleibt so erlebbar.

Um das Bild der alleinstehenden Hütte und deren Proportionen zu wahren, wird das Raumprogrogramm bewusst auf das nötige Minimum begrenzt um so ein kompaktes, verträgliches Volumen zu erhalten.

Erdgeschoss | Der Zugang erfolgt wie bis anhin von Süden her über die bestehende Terrasse. Dem Eingangsraum ist der Schuhraum mit angrenzendem Trockenraum angeschlossen. Umgezogen und in Hüttenfinken kann sich der Gast am Empfang der Küche anmelden. Er gelangt nun entweder in die Hüttenstube im Westen der Hütte oder über die Treppe ins obere Geschoss, wo sich die Zimmer befinden.

Das Hüttenteam kann die Hütte ebenfalls wie die Gäste im Süden betreten. Ein privater Verteilraum bietet Platz für eine Garderobe und fungiert als Verbindung zwischen Küche und Lager. Die Küche bietet etwas zurückversetzt vom Gästebereich einen Rückzugsort mit einem Esstisch fürs Hüttenteam. Durch die zentrale Lage der Küche kann der Gast begrüsst und zum Esssaal hin bedient werden.

Über den Verteilraum gelangt man von der Küche ins Lager im EG oder über die interne Treppe ins Lager im UG. Die Wege zwischen Lager und Küche werden so kurz gehalten. Ostseitig ist der Küche ein Tageslager angeschlossen welches über die neu gewonnene Terrasse im Norden erreicht werden kann. Auf dieser Terrasse kann auch eine Lieferung zwischengelagert werden, ohne die Gäste auf der Südterrasse zu stören. Die Waschmaschine wird platzsparend unter der Treppe verstaut. Ein eigener Zugang zum Trockenraum macht es möglich diesen auch als Hüttenteam für die Wäsche zu nutzen. Das Gaslager und der Kompostierraum sind ebenfalls im beheizten Volumen untergebracht. So können diese Räume auch im Winter mit einem kleinen Energieaufwand warmgehalten werden. Dies ist vor allem für den Kompostiervorgang wichtig.

Obergeschoss | Die Treppe führt vom Erdgeschoss ins Obergeschoss, wo ein mittig liegender Gang die Zimmerschicht entlang der Fassade bedient. Die Zimmer bieten Platz für 44 Personen, aufgeteilt in 4er, 6er und 12er Zimmer. Im Nordosten befinden sich die Toiletten und Waschräume der Gäste. Die Trockentoiletten sind durch ein Fenster natürlich belüftet und befinden sich über dem Kompostierraum im EG. Auch das Zimmer des Hüttenteams befindet sich in diesem Geschoss. Die Helferinnen und Helfer können in einem der 4er Zimmer untergebracht werden. Das Zimmer der Hüttenwärtin / des Hüttenwarts ist im südöstlichen Ecken des Gebäudes und somit weit entfernt von der Gaststube angeordnet. Auch durch den eigenen Vorraum wird dieses Zimmer schalltechnisch bestmöglich vom Gästebereich getrennt.

Untergeschoss | Das Untergeschoss ist nur für das Hüttenteam zugänglich. Sämtliche Räume sind bereits bestehend und werden weiter genutzt. So kann der teure und unökologische Rückbau der massiven Böden und Wände gespart werden. Eine neue massive Betondecke schliesst das Geschoss gegen oben ab und schützt es vor der Witterung. So können mit kleinem Aufwand viele Nebenräume gewonnen werden. Durch einen minimalen Felsabtrag gelangt man im innern des Gebäudes wettergeschützt in dieses Geschoss. Wie bisher kann das Geschoss auch über den Aussenzugang im Osten erreicht werden. Der Technikraum mit den empfindlicheren Geräten steht unter dem Neubau. Die Lager für Wasser, Holz und Leergut werden im bestehenden Sockel angeordnet.

Einbettung in die Landschaft | Die Einbettung in die sensible Landschaft hat höchste Priorität. Dies verlangt eine möglichst unaufgeregte und selbstverständliche Form und Materialisierung des Neubaus. So besteht die Fassade aus einer einfachen vertikalen Fichtenschalung, der Sockel wird mit dem lokalen Material, dem Stein erstellt. Mit der alten Bruchsteinmauer der Hütte wird der bestehende Betonsockel im Untergeschoss verkleidet. So verschmilzt dieses Geschoss mit der Landschaft und die frühere «Bauwunde» in der der Landschaft wird korrigiert. Durch die Weiterverwendung der Steinfassade muss diese nicht ins Tal geflogen oder in der Umgebung gelagert werden.

Materialisierung | Der Sockel des Neubaus wird wie bereits erwähnt mit den bestehenden Fassadensteinen gemauert, das Holzkleid ist aus Fichte. Die Läden sind aus beständiger Lärche gefertigt, die Fenster aus Holz-Metall. Das Dach wird mit Blechbahnen gedeckt und bietet viel Platz für Elemente zur Stromproduktion und Warmwassergewinnung. Die Zimmerwände werden mit sichtbar geschraubten Dreischichtplatten beplankt. So können Schichten, Material und auch Gewicht eingespart werden. Der Boden wird im Obergeschoss mit Tannenriemen belegt und schafft so eine wohnliche und warme Atmosphäre in den Zimmern. Im Erdgeschoss sorgt ein Linoleumboden für eine fugenlose Fläche welche der höheren Beanspruchung gerecht wird und sich gut reinigen lässt. Die Oberflächen im Untergeschoss bleiben soweit möglich bestehend und werden falls nötig mit einem neuen Anstrich versehen.

Die Terrasse im Süden bleibt bestehen, die neue Terrasse im Norden baut auf dem Fundament der höherliegenden Kellerräume auf. Diese werden mit dem Mauerwerk der bestehende Hütte hinterfüllt und ausgeebnet.

Winternutzung | Die Hütte wird im Winter nicht bewartet. Im Erdgeschoss bleibt der Eingangsraum, der Schuhraum und der Esssaal offen. Der bestehende Ofen kann von Besucher*innen wie bis anhin als Heizquelle und Kochherd genutzt werden. Im Obergeschoss können die Zimmer nach Gebrauch und Nachfrage für den Wintergast geöffnet werden. So wird der Winterraum der Hütte sichergestellt.

Bauprozess | Nachdem der Anbau von 1985 rückgebaut ist, wird die Kellerdecke erstellt. So ist bereits ein Teil der Räume gedeckt und kann als Lager und Aufenthalt genutzt werden. Mit dem Rückbau der alten Hütte werden die bestehenden Bauwunden verkleidet und hinterfüllt. Neue Einzelfundamente tragen den Holzbau der neuen Hütte. Dazu werden in den felsigen Untergrund Gewindestangen eingebohrt und verklebt. Die Holzelemente werden inkl. aller Installationen im Tal vorgefertigt und mit dem Tieflader nach Bristen oder Disentis gebracht. Ab dort werden sie auf die Baustelle geflogen. Dank des geringen Gewichts der Elemente und der guten Aufteilung sollen die Flugrotationen minimiert werden.

Momentan ist auch ein kleiner Baustellenkran angedacht. Auch wenn ein solcher auf einer SAC Hütte normalerweise nicht eingesetzt wird, können damit die Natursteine der bestehenden Hütte vor Ort verteilt und wiederverwendet werden – dies ohne den Einsatz eines Helikopters.

Wenn die Wand- und Dachelemente stehen, werden sie aussen mit einem Windpapier abgedichtet. Der Bau ist nun für die Bauphase dicht. Nun kann der Innenausbau wetterunabhängig ausgeführt werden. Die Fensterrahmen sind bereits in den Elementen im Tal montiert. In der nächsten Schönwetterphase kann die Fassadenbekleidung montiert und das Dach gedeckt werden. Die Bauphase für den Rohbau kann somit sehr kurzgehalten werden.

Bauökologie | Das Bauen in den Bergen ist grundsätzlich nicht sehr ökologisch. Mit dem Verwenden einer leichten Holzkonstruktion und den Steinen vor Ort können Gewicht und damit Helikopter-Rotationen eingespart werden. Eine gut gedämmte Hülle verbraucht weniger Heizenergie.

Der Wechsel auf eine Trockentoilette und die Solarzellen auf dem Dach tragen zu einem ökologischeren Betrieb bei. Dass man lokale Unternehmer berücksichtigt und nur Schweizer Holz verwendet, ist für uns eine Selbstverständlichkeit.

Von der bestehenden Hütte wird so viel wie möglich wiederverwendet. Zum einen ist dies das Mobiliar und Gerät – aber auch die Steine der Fassade und einige Hölzer finden einen neuen Einsatz. So muss weniger ins Tal transportiert werden und es wird Material, Kosten und CO2 eingespart.

Stand: 04.02.2025

Bei Verwendung dieser Webseite stimmen Sie zu, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Mehr Informationen