Leitgedanken

Unserem Wirken gehen Gedanken voraus – Gedanken, die sich nach und nach gefestigt und zu einer Art kollektivem Habitus manifestiert haben. Daraus entwickelte sich eine Haltung – beschrieben in zwölf Leitgedanken. Keiner dieser Leitgedanken ist allgemeingültig oder abschliessend. Sie unterstreichen jedoch eine Überzeugung, die auf einer persönlichen Prägung und unserer bisherigen Arbeit beruht.

Architektur ist immer ein Gemeinschaftswerk – deshalb sind wir davon überzeugt, dass es für dessen Prozess einer gemeinsamen Sprache und gemeinsamer Wertvorstellungen bedarf.

Verfasst in den Jahren 2010 bis 2020 – überarbeitet im Jahre 2022 für die Publikation De Aedibus «Roman Hutter» erschienen im Quart Verlag.

01# Tradition

«Tradition als Fortschritt»

Die Baukultur unserer Vorfahren ist über Jahrhunderte gewachsen und wurde dabei stetig verbessert und perfektioniert. Vermutlich lag es an den oftmals beschränkten Mitteln, welche die Erbauenden ermutigten, Häuser für Generationen zu bauen und diese entsprechend langlebig zu konstruieren. Dabei war es unabdingbar, das wertvolle handwerkliche Wissen von Generation zu Generation weiterzugegeben.

In den letzten Jahrzehnten führten Fortschritt, neue Errungenschaften und zunehmender Wohlstand dazu, dass plötzlich alles möglich schien. Paradoxerweise nahm die Qualität der Bauten grösstenteils ab. Häuser überleben teilweise nicht mal mehr eine Generation, was früher undenkbar gewesen wäre. Augenscheinlich wird dies, wenn bei Häusern von einem Produkt gesprochen wird und der kurzfristige Profit höchsten Stellenwert erfährt.

Unserer Meinung nach ist eine Rückbesinnung auf Bewährtes notwendig, welches sinnvoll adaptiert und weiterentwickelt wird. Bevor neue Lösungen Anwendung finden, ist zu prüfen, ob es nicht doch eine althergebrachte Lösung gibt, welcher die neue Lösung immer noch nachsteht. Daraus erfolgt wahrer und vor allem nachhaltiger baukultureller Fortschritt.

02# Ort

«Aus dem Ort schöpfen»

Jede Region kennt ihre baukulturelle Prägung – eine Prägung, welche die Vielfalt unserer Städte und Dörfer letztlich ausmacht. Leider geht diese Vielfalt mehr und mehr verloren, da die heutigen Möglichkeiten und modische Erscheinungen nicht selten zu einem belanglosen Einheitsbrei führen. Damit sind leider auch unser kultureller Reichtum und unsere Identität gefährdet. Jede Bauaufgabe verdient eine sorgfältige und vertiefte Recherche zum Ort.

Wir versuchen, bei jeder Bauaufgabe erstmal zu untersuchen, welche Qualitäten an einem Ort vorzufinden sind. Danach wird reflektiert, wie man diese stärken kann, indem das Projekt aus ihnen schöpft. Wird dieser wichtige Schritt übergangen, entsteht Beliebigkeit. Gelingt es, den Ort richtig zu lesen und daraus zu lernen, kann etwas Neues entstehen, das nicht nur auf sich selbst fokussiert, sondern sich auf das grosse Ganze bezieht. Damit werden das Dorfgefüge, das Quartier oder die Stadt weiter gestärkt, wovon wiederum auch das Einzelobjekt profitiert.

03# Material

«Das Projekt entspringt dem Material»

Unsere Projekte entspringen aus dem Material des Ortes und entziehen sich dabei einer rein oberflächlichen Betrachtungsweise. Unserer Vorfahrenschaft war es nicht vergönnt, sich mit der heutigen Vielzahl von Materialien auseinanderzusetzen – vielleicht war das auch gut so. Man baute mit dem, was in nächster Nähe zu finden war. Das prägt noch heute ganze Regionen, insbesondere wenn diese noch mehr oder weniger in ihrem Ursprung erhalten sind.

Besondere Aufmerksamkeit schenken wir dem Material Holz: ein nachwachsender Baustoff, dem fast keine Grenzen gesetzt sind – vorausgesetzt, er wird materialgerecht eingesetzt. Materialgerecht meint für uns insbesondere einen möglichst unverarbeiteten Einsatz. Beim Holz wäre dies beispielsweise der Verzicht auf Leim, zumal dieser den Nachhaltigkeitsgedanken unnötig beeinträchtigt. Bei leimfreien Konstruktionen kann das Holz seine positiven Eigenschaften voll und ganz entfalten und darf dabei seinen Charakter zeigen. Holz ist auch nach dem Schnitt kein totes Material.

04# Struktur

«Aus dem Material resultiert die Struktur»

Wird vom Material her gedacht und damit auch von der daraus resultierenden Struktur ausgehend, dann entsteht Architektur, die eine hohe Selbstverständlichkeit aufweist. Damit wird den Nutzenden ein lebenswerter Ort geschenkt, da in allen von uns ein Urverständnis der Dinge um uns herum vorhanden ist – entdeckt im Zuge der haptischen Erfahrungen im Kindesalter.

Das Material und die Struktur bedingen sich gegenseitig. Dabei muss vor allem das Fügen interessieren. Seit jeher besteht die grösste Herausforderung darin, wie die einzelnen Teile aufeinandertreffen und letztlich zusammengehalten werden. In unserem Verständnis

gibt das Material vor, wie es gefügt werden möchte. Bewusst oder unbewusst entsteht daraus ein spezifischer architektonischer Ausdruck, der nachvollziehbar und beständig ist.

Nicht zuletzt erlaubt eine klare Struktur einen rationalen Planungs- und Bauprozess.

05# Raum

«Material und Struktur definieren den Raum»

Raum entsteht erst dann, wenn dieser durch ein Material gefasst wird. Wahr- nehmbar für den Menschen ist dabei lediglich die letzte Schicht des Bodens, der Wand oder der Decke. Materialgerecht gebaut, spürt man aber auch wie Boden, Wand und Decke tragen – immer vorausgesetzt, die Struktur ist sicht- und damit erlebbar. Es sind aber auch die Raumproportionen, die sich aufgrund unterschiedlichen Tragverhaltens manifestieren und damit materialspezifische Räume entstehen lassen. So wirkt beispiels- weise das kammerartige Gefüge eines Holzblockbaus vertraut und selbstverständlich.

So gesehen ist es naheliegend, dass wir, wann immer möglich, zuerst das Material definieren, um dann daraus die geeigneten Räume zu schaffen. Dies setzt Grenzen, welche oftmals wohltuend sind und ein rascheres Fokussieren auf das Wesentliche ermöglichen.

06# Handwerk

«Wir fördern das aufrichtige Handwerk»

Das handwerkliche Fügen verleiht der Architektur ihre zeitlose Kraft. Leider geht mit dem unachtsamen Einsatz von Material und Struktur auch das Handwerk verloren. Diesem Umstand versuchen wir zu begegnen, in dem wir von Beginn an mit Handwerkerinnen und Handwerkern zusammenarbeiten. Wir hören zu, versuchen zu verstehen und stellen Fragen. In diesem Zusammenhang gefällt uns das Bild der Bauhütte. Das Bauen soll stets ein Miteinander sein, geprägt von gegenseitigem Respekt und Verständnis – mit dem Ziel, gemeinsam Lösungen zu entwickeln, die dem Bauwerk letztlich seinen nachhaltigen Ausdruck verleihen. Voraussetzung dafür ist die Leidenschaft aller Beteiligter, aus jeder Herausforderung die beste Lösung zu entwickeln.

07# Nachhaltigkeit

«Wir tragen Sorge zu unserer Umwelt»

Mit Häusern werden Lebensräume geschaffen. Unser allumfassender Lebensraum jedoch ist unsere Umwelt. Deshalb müssen wir Sorge für dieselbige tragen. Es ist uns ein grosses Anliegen, dass unsere Häuser einen möglichst kleinen ökologischen Fussabdruck aufweisen. Im Holzbau geschieht dies vermeintlich bereits nahezu von allein. Doch auch hier sind Konventionen stetig zu hinterfragen. So sind wir es beispielsweise gewohnt, dass Baustoffe wie Holz jederzeit verfügbar sind und in nützlicher Frist verbaut werden können. Das Bauholz gezielt auszuwählen, früh und im richtigen Moment zu schlagen und möglichst natürlich zu trocknen, verleiht dem Haus jedoch eine viel höhere Wertigkeit, die letztlich auch erleb- und spürbar ist.

08# Angemessenheit

«Wir handeln angemessen»

Bei einem Bauwerk gilt es, unzählige Entscheidungen zu treffen – für das Haus, die Nutzenden und den Ort. Wir versuchen, bei all diesen Entscheidungen angemessen zu handeln. Dabei lohnt es sich, stets die Frage zu stellen: Was ist tatsächlich notwendig? Wird das Gebäude dank der gefällten Entscheidungen besser, oder lohnt es sich nochmals einen Schritt zurückzugehen. Gegeben sind die Dinge erst, wenn das Haus gebaut ist.

09# Selbstverständlichkeit

«Wir suchen nach selbstverständlichen Lösungen»

Wir sind der Meinung, dass Häuser für sich selbst sprechen sollten. Verlangt ein Haus nach vielen Erklärungen, dann kann von Selbstverständlichkeit keine Rede sein; deshalb möchten wir Häuser bauen, die verständlich sind und sich so selbstverständlich wie möglich in den jeweiligen Ort einfügen. Das bedeutet nicht, dass man nicht trotzdem viel über solche Häuser erzählen kann.

10# Sorgfalt

«Jede noch so einfache Arbeit wird mit Sorgfalt erledigt»

Wir sind überzeugt, dass Sorgfalt bei den alltäglichen Dingen beginnt – und sei es beim Aufräumen des eigenen Arbeitsplatzes. Das verleiht den Dingen, der Arbeit einen Wert. Kommt Sorgfalt nicht bei den einfachen Dingen zum Tragen, dann zeigt sich diese auch nicht in der Planung und letztlich auch nicht beim vollendeten Bauwerk.

11# Bescheidenheit

«Wir bauen Architektur für den zweiten Blick»

Ein gesundes Mass an Bescheidenheit verleiht der Architektur eine Qualität für den zweiten Blick, welcher weit weniger flüchtig ist als der erste.

Architektur ist kein Instrument der Selbstverwirklichung. Deshalb sind wir der Meinung, dass ein gesundes Mass an Bescheidenheit den Verfassenden, den Nutzenden, aber insbesondere auch dem Bauwerk guttut. Oftmals ist weniger in der Architektur, aber insbesondere auch für unsere Dörfer und Städte mehr.

12# Menschlichkeit

«Wir bauen für Menschen und mit Menschen»

Für das Gelingen eines Bauwerks ist der gegenseitige und zuvorkommende Um- gang unverzichtbar. Wenn die Zusammenarbeit auf den Akt einer Dienstleistung – auf das Geschäft – reduziert wird, dann spiegelt sich das zwangsläufig in einer fehlenden Atmosphäre der Architektur wider. Sobald Häuser Menschen berühren, hat man als Architektin oder als Architekt vieles richtig gemacht.

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